
Altes loslassen, neue Wege finden
Die Auftragsbücher in der Firma sind voll. Die Wochenarbeitszeit wurde gerade erhöht – warum nur, ich bin schnell, effizient, zuverlässig.
Ich bin Konstruktionsassistentin mit ordentlich Verantwortung, strukturiert, pünktlich, ehrlich. Meine Kollegen mögen meine Klarheit – ich bin die, die man fragt, wenn was wirklich fertig werden soll.
Und ich funktioniere. Immer.
Die Schwimmschule läuft auch. Volle Gruppen, volles Schwimmbecken.
Meine Kundinnen hassen es, wenn ich in den Urlaub gehe – weil sie wissen, dass meine Stunden mehr sind, als ein bißchen im Wasser zu planschen.
Ich bin präsent. Ich sehe sie. Ich bring sie weiter.
Und als wäre das nicht schon genug, eröffne ich noch ein Fitnessstudio – nur für Frauen.
Weil ich denke: Da geht noch was.
Alles läuft. Auf dem Papier sieht es nach Erfolg aus. Aber innerlich spüre ich: Die Energie kippt.
Sie passt nicht mehr. Ich renne. Ich organisiere. Ich ziehe durch.
Aber es fühlt sich an, als würde ich mich selbst dabei verlieren.
Das Fitnessstudio bringt mich finanziell an den Rand des Ruins. Absolute Fehleinschätzung. Falscher Standort, falscher Zeitpunkt, zu viel auf einmal.
Ich hatte gehofft, es würde mich auffangen – stattdessen zieht es mich tiefer rein. Ich kämpfe. Jeden Tag. Mit Rechnungen, mit Erwartungen, mit mir selbst.
Ich rechne, ich kürze, ich jongliere. Aber es reicht nicht. Ich schlafe schlecht, mache trotzdem weiter. Ich will nicht aufgeben. Noch nicht. Doch innerlich bröckelt etwas.
Die Kraft, die mich sonst trägt, zieht sich zurück.
Ich bin allein.
Der Sohn ist wegen seiner Ausbildung kaum noch da. Nur noch ab und zu am Wochenende. Das Haus ist still. Zu still.
Ich sitze da – mit Zahlen, die nicht mehr stimmen, einem Leben, das sich falsch anfühlt, und einer inneren Stimme, die immer lauter wird:
War da nicht ein Weckruf?
War da nicht etwas in mir, das mehr wollte als Überleben?
Ich erinnere mich. Da war was. Ein Flüstern. Ein Ruf.
Ein Gefühl von… mehr.

Alles auf null
Dann kommt dieser Moment, in dem ich einfach nicht mehr kann. Ich sitze da, zwischen Kontoauszügen und Terminen, und frage mich: Was mache ich hier eigentlich? Alles brennt, und ich brenne mit – still, nach innen.
Ich lese von einem Seminar auf Mallorca und rede mit meinem besten Kumpel – es bringt die Wende.
Er sagt: „Komm, wir machen das. Raus hier. Einfach mal weg und neue Perspektiven bekommen.“
Und so lande ich auf Mallorca. Ein Seminar. Sonne. Weite. Und ein kleines bisschen Hoffnung.
Ich weiß nicht genau, was ich suche – aber ich weiß, dass ich mich selbst wiederfinden will. Nicht die Macherin. Nicht die Funktionierende. Mich.
Zurück in Deutschland ist nichts mehr wie vorher. Ich spüre es in jeder Zelle.
Dieses alte Leben passt mir nicht mehr. Es kratzt. Es drückt. Es engt mich ein.
Ich habe mich auf Mallorca wiedergefunden – und ich kann mich nicht mehr zurück in ein Leben quetschen, das mich krank macht.
Ich kündige. Zu meinen Bedingungen.
Ich löse mein Fitnessstudio auf und verkaufe alles.
Für meine Aqua Fitness Kurse finde ich eine Nachfolge.
Nicht aus Trotz, sondern aus Klarheit, beende ich, was mich auslaugt.
Ich verabschiede mich von Sicherheiten, die längst keine mehr sind.
Und dann geh ich. Ich wandere aus. Lasse alles los, was ich kenne – und setze alles auf null.
Nicht, weil ich genau weiß, wie’s wird. Sondern weil ich spüre, dass ich so nicht mehr weitermachen kann. Ich habe keine fertige Antwort, aber endlich wieder eine Richtung.
Und das reicht.

Was bleibt, wenn Du gehst?
Ich lasse alles hinter mir, was mich nicht mehr trägt – und finde dabei nicht nur mich wieder, sondern auch diesen stillen Mut, der lange unter Schichten von Pflicht und Funktionieren verborgen lag.
Es ist kein Neubeginn mit Plan.
Es ist ein Neubeginn mit Gefühl.
Und das reicht.
Mehr als genug.
Kennst du dieses Ziehen in Dir – dieses leise Wissen, dass Du längst auf dem falschen Weg weiterläufst?
Dann nimm diesen Text als Zeichen. Nicht, um alles sofort hinzuschmeißen. Sondern um ehrlich zu werden. Mit Dir.
Was willst du gerade wirklich?
Schreib’s auf.
Flüster es dir zu.
Oder teil es mit mir – wenn du bereit bist, laut zu träumen.